Sichtflug bei Nacht

Das Fliegen ist der Traum des Menschen. Wie dies am Tage unter Sichtflugregeln (VFR) funktioniert ist
normalerweise leicht erklärt. Doch ich werde oft gefragt:

Sichtflug bei Nacht, ist das nicht Instrumentenflug?“

Die Antwort lautet ja und nein: „Ja“ der Umgang mit den Instrumenten ist besonders in der Nacht elementar für die Kontrolle der Fluglage und „Nein“ ein Sichtflug bei Nacht bedeutet nicht automatisch das Fliegen unter Instrumentenflugregeln (IFR). Die Grundlage ist eine Privatpiloten Lizenz (PPL) welche ein Instrumentenflugtraining (CVFR) beinhaltet. Die Nachtflugberechtigung kann dann mittels einer Schulung (FCL.810) zusätzlich in die Pilotenlizenz aufgenommen werden.

Ich habe 2017 an der Nachtflugschulung teilgenommen. Seit 9 Jahren habe ich mittlerweile meinen
Flugschein, aber ich musste feststellen, dass bei einem Sichtflug bei Nacht nichts mehr  selbstverständlich ist. Die Vorbereitung im Cockpit, das lesen der Checkliste und der Blick in die Navigationskarten mittels einer kleinen NVFR taxi EDVHroten Taschenlampe ist schon am Boden gewöhnungsbedürftig. Während des Starts lässt sich das Flugzeug durch die Landebahnbeleuchtung gut in der Mitte der Piste halten und nach dem Erreichen der vorgeschriebene Geschwindigkeit hebt man wie gewohnt ab. Doch danach zeigt der Blick nach vorne nur noch die dunkle Nacht. Schnell muss die Steigrate mit dem Variometer und die Fluglage mit dem Künstlichen Horizont abgeglichen werden, denn auch wenn man sie nicht sieht sind die ersten Bäume schon nah. Um die Schräglage in der Kurve zu kontrollieren, erfolgt zusätzlich der Blick auf den Wendezeiger und der Kreiselkompass zeigt wann die Kurve beendet werden muss. In der Platzrunde sind bei Nacht die gewohnten Orientierungspunkte nicht mehr zu erkennen. Die nächsten Übungen erforderten das Halten der Flughöhe und das Fliegen eines „2 Minuten Kreises“. Dies klappte auch in der Nacht sehr gut und der Blick auf die Instrumente gab mir Sicherheit.

„Man fliegt immer noch nach Sichtflugregeln (VFR)!“

Auch wenn bei Nacht der Blick nach draußen nur wenig Informationen über die Fluglage verrät, ist es im
Sichtflug unabdingbar seine Umgebung zu beobachten, den Flugplatz in Sicht zu behalten und sich gegebenenfalls auch mit anderen Flugzeugen zu koordinieren. Dabei sind Entfernungen in der Nacht anfangs nur schwer abzuschätzen. Für mich war die Koordination zwischen dem Blick nach draußen und die ständige Kontrolle der Fluglage mittels Instrumente die größte Herausforderung. Wenn man sich wieder in der Platzrunde NVFR flight viewbefindet kommen die nächsten Schwierigkeiten. Die Checkliste, die Anflugkarte und verschiedene Schalterstellungen sind nur schwer zu erkennen. Was sonst mit einem geübten Blick schnell überprüft ist, muss erst mühsam mit der Lampe ausgeleuchtet werden. Die Flughöhe und die Geschwindigkeit sollten besonders in den Anflugphasen genau eingehalten werden, denn jede Korrektur kostet später wertvolle Zeit. Im Endanflug sorgt die Landebahnbeleuchtung wieder für eine gute visuelle Orientierung. Der gleichzeitige Blick auf den Fahrten- und Höhenmesser war auch in der Nacht Routine. Das einschätzen der Entfernung zur Landebahnschwelle erfordert jedoch einige Übung, denn man muss sicher beurteilen können wann die letzten Bäume überflogen sind.Nach ein paar Übungsflügen erfolgte der Alleinflug mit 5 Starts und Landungen. Es ist lange her, dass ich vor einem Alleinflug aufgeregt war, denn das Fliegen ohne Lehrer ist nach 9 Jahren eher die Regel als die Ausnahme. Nach der zweiten Platzrunde wurde ich zunehmend selbstsicherer und die Anspannung wich dem Vergnügen.

Nun stand der Überlandflug an. Hierfür hatte ich trainiert und die Vorfreude war groß. Die Navigation sollte besonders bei Nacht auf Funkfeuern (VOR oder NDB) basieren, denn bis auf Autobahnen sind terrestrische Navigationspunkte meistens gar nicht zu erkennen. Zusätzlich muss ein Flugplan bei  der Deutschen Flugsicherung (DFS) aufgegeben werden. Alles Weitere war Routine und kleinere Abweichungen der gewohnten NVFR Approach EDDV 09LVorbereitung wurden vorher in einem theoretischen Unterricht besprochen. Dieser Flug war ein tolles Erlebnis. Die Navigation klappte problemlos, da ich mich auch am Tage gerne nach Funkfeuern richte. Das Navigationsgerät bot zusätzliche Sicherheit und die sorgfältige Planung zahlte sich wie immer aus. Somit konnte ich den Flug auch als „Schüler“ genießen. Die Verkehrsinformationen erfolgen bei Nacht generell über die Radarfrequenz, da die gewohnten Informationssender für den Sichtflug (FIS) nicht mehr aktiv sind. Die Kommunikation war professionell und der Radarlotse verfügte über alle Kompetenzen um die Freigaben durch die verschiedenen Lufträume zu erteilen. Ein Anflug auf einen großen Flughafen mit der Nutzung des Instrumentenlandesystems (ILS) sollte das Training abrunden. Nach einer kurzen Anfrage leitete uns der Radarlotse direkt auf den korrekten Anflugkurs. Der Anflug in Hannover war mit Hilfe des Instrumentenlandesystems (ILS) und der Visuellen Gleitwinkelbefeuerung (PAPI) anspruchsvoll aber absolut Problemlos. Die anschließende Landung in Hodenhagen krönte eine gelungene Schulung.

Ein besonderer Dank geht an die Fluglehrer, einem routinierten Radarlotsen und natürlich auch an Bernd,
der regelmäßig die Flugleitung während dieser Schulung übernommen hat.

Abschließend kann ich jedem Piloten die Nachtflugschulung empfehlen. Es ist eine gute Auffrischung der Grundlagen und man lernt das Fliegen von einer ganz neuen Seite kennen. Auch wenn für mich als Privatpilot das Fliegen bei Nacht eher die Ausnahme sein wird habe ich viele positive und interessante Erfahrungen gesammelt welche mich im Umgang mit dem Flugzeug auch am Tage sicherer machen werden.

Mit freundlichen Grüßen

Nils Milleit

 

Der Aeroclub Hodenhagen e.V. bietet die Nachtflugschulung für seine Vereinsmitglieder an.
Diese Schulung beinhaltet:

  • Theoretische Schulung
  • 5 Flugstunden in der entsprechenden Luftfahrzeugkategorie
  • 5 Alleinstarts und -Landungen
  • Navigationsflug mit Fluglehrer von mindestens 50 km