Bis Gras drüberwächst

Landungen auf Gras haben einen ganz besonderen Reiz. Ein wenig schwingt noch etwas mit von den frühen Tagen der Luftfahrt, und materialschonend ist die grüne Oberfläche noch dazu. Jedenfalls dann, wenn die Piste gut gepflegt und frei von Bodenwellen ist.

Rasenmähen war auf dem Flugplatz Hodenhagen zwischen Bremen und Hannover ganz sicher nicht das Thema bei der 900 Meter langen Piste – wohl aber die kurzen Bodenwellen. »Die waren einfach nicht rauszukriegen«, erzählt Aero-ClubVorstand Helmut Schlüter. »Fünf Mal ging das Bugrad allein bei unserer Vereins-Aquila kaputt. Im letzten Jahr haben wir dann überlegt, dass wir die Piste wohl bald sanieren müssen.«

Mit neu gewähltem Vorstand beschlossen die Mitglieder des Hodenhagener Vereins dann im Mai 2013, die Motorflugpiste neu zu befestigen. Zuvor hatten sie sich auf der AERO in Friedrichshafen über die auf dem Markt erhältlichen Lösungen informiert – die Aktiven hatten von der Möglichkeit gehört, Graspisten mit einem Geflecht aus Kunststoffplatten zu belegen. Der Vorteil dabei: Anders als bei einer (kostspieligen) Asphaltierung wird der Boden nicht versiegelt, was der Umwelt zugutekommt. Noch dazu ist für eine solche Maßnahme kein Bauantrag nötig. Das Budget für die Befestigung wurde auf 130 000 Euro kalkuliert, was am Ende auch reichte. Doch der Weg zur perfekten Graspiste war mühsamer als zunächst gedacht.

Theoretisch läuft das mit den Kunststoffplatten so: Der Boden darf nicht zu nass, aber auch nicht zu trocken sein, wenn die ineinandergreifenden Gittersteine auf dem Gras verlegt werden. Dann mit einer Walze drüber, um die Platten einzuarbeiten – fertig! Im Idealfall funktioniert das auch, verspricht Trevor Archer von der S2T Group, die das Perfo genannte System europaweit vertreibt (www.perfoplatten.de). Der Brite begleitete die Hodenhagener beratend über den gesamten Bauprozess hinweg, und das zu deren voller Zufriedenheit. Jedoch waren die Bedingungen in EDVH leider nicht ideal, wie sich beim Verlegen der ersten Lieferung auf dem Vorfeld zeigte, und daran konnte auch der gute  Kundenservice von Trevor Archer nichts ändern. »Der Boden war einfach zu stark verdichtet, und wir mussten ihn stärker vorbereiten«, erinnert sich Helmut Schlüter.

Nach Rücksprache mit anderen Flugplätzen, auf denen bereits Perfo-Platten verlegt wurden, versuchten es die Hodenhagener zunächst mit fräsen. Doch das reichte nicht, der Boden war danach immer noch viel zu wellig. Als auch ein zweiter Durchgang mit einer Umkehrfräse nicht  zufriedenstellend verlief, fuhren die »Plattenleger« schweres Geschütz auf: In bewährter Weise pflügte ein benachbarter Landwirt die Piste bis in 40 Zentimeter Tiefe um, eine Straßenbaumaschine ebnete den »Runway-Acker« ein, anschließend wurde der Rasen neu eingesät. Und dann kam der trockene Sommer. »Unser Zeitplan geriet durch die Trockenheit ganz schön durcheinander«, so Helmut Schlüter, »denn das Gras musste ja erst mal angehen und wachsen, bevor wir mit dem Verlegen beginnen konnten.« Also wässerten die Flugplatzbetreiber ihre Sorgenpiste täglich. Einige Clubmitglieder fürchteten schon, dass die ganze Aktion ein Fehlschlag werden könnte, doch der Vorstand beruhigte die Zweifler immer wieder. Als sich dann der erste grüne Flaum zeigte, atmeten alle erleichtert auf. Zwar war es mittlerweile schon September geworden, doch nun konnte es wirklich losgehen.

In zwei Schichten arbeiteten bis zu zehn hochmotivierte Freiwillige, Pisten- und Gartenbauprofis zusammen, um die insgesamt über 13 000 Quadratmeter mit den Kunststoff-Kacheln zu belegen. Für die perfekte Ausrichtung wurde zuerst der Mittelstreifen verlegt, die anderen Platten dann seitlich angedockt. Zum Justieren der zu Matten zusammengefügten Einzelplatten bewährten sich solide Metallstangen, eine große und zwei kleine Walzen pressten dann das Kunststoffgeflecht ins Erdreich. »Echte Knochenarbeit, aber es hat sich gelohnt!«, so das Resümee von Helmut Schlüter. In nur 14 Tagen waren die umtriebigen Hodenhagener fertig – jetzt muss nur noch Gras drüber wachsen.

Die feierliche Neueröffnung war für Mitte Oktober geplant, zeitgleich mit dem Saison-Abschluss der Segelflieger am Platz. Ende September waren noch letzte Feinarbeiten zu erledigen, Teile des  Taxiways erhielten ebenfalls noch einen Perfo-Belag. Aus der Luft sieht die Piste aus wie frisch asphaltiert, doch im nächsten Jahr sollte das einem frischen Grün gewichen sein – nur die weißen Markierungssteine sind dann noch zu sehen. Die »03/21« wird alle positiven Eigenschaften einer Graspiste haben, aber dennoch festen Halt und Grip bieten. Zur Pflege des Rasens hat der Aero-Club einen Traktor angeschafft, der mit einem so genannten Schlegelmäher alle zwei Wochen das Grün auf die richtige Länge trimmt – nämlich schön kurz.

Probleme mit der Haltbarkeit hat der Belag offenbar keine, und dank der tiefschürfenden Erdarbeiten sollten Bugradschäden in Zukunft ausbleiben – zumindest liegt es dann nicht mehr an der Piste selbst. Sogar Maulwürfe soll das Gitter in Schach halten.

Beste Voraussetzungen jedenfalls für den Aero-Club Hodenhagen, in die nächste Saison zu starten – dann feiert der ACH übrigens sein 50-jähriges Bestehen.

[Quelle: fliegermagazin 11/2013]